Grundlagen der Zinsrechnung (Headerbild)

Grundlagen der Zins- und Zinseszinsrechnung

Die mathematischen Grundlagen der Zins- und Zinseszinsrechnung finden sich in der Prozentrechnung. Im Folgenden werden die grundlegenden Formeln der Zins- und Zinseszinsrechnung betrachtet, die mathematischen Formeln hergeleitet und erläutert. Die einfachen Zinsformeln, wie sie üblicherweise in der Berufsschule gelehrt werden, sind für die berufliche Praxis oftmals nicht hinreichend.

Problemstellung

Nehmen wir an, uns böte jemand an, für 20 Jahre 3.000 € zu 7% Zinsen pro Jahr fest anzulegen. Der naive Lösungsansatz könnte nun sein, 7% von 3.000 € zu berechnen und diesen Wert mit 20 zu multiplizieren. Das ergäbe dann 4.200 € Zinsen, so dass wir nach 20 Jahren auf einen Kontostand von 7.200 € Euro blicken dürften.

Diese Berechnung ist jedoch grundlegend falsch. Tatsächlich stehen uns am Ende der Laufzeit nämlich 11.609,05 € zu. Die erste Berechnung vernachlässigt die Verzinsung der Zinsen, die jedes Jahr anfallen. – Ein grober Fehler!

Jetzt kann man die Berechnung zur Berücksichtigung von Zins uns Zinseszins auf Basis der einfachen Zinsrechnung schrittweise ausführen.

Hier mit gerundeten Werten ausgeführte Berechnung:

Periode Startkapital Zinsen Endkapital
1 3.000 210 3.210
2 3.210 225 3.435
3
20 10.849 759 11.609

Das ist umständlich. Glücklicherweise gibt es Formeln, mit denen wir schneller und eleganter rechnen können.

Im Folgenden wollen wir diese herleiten und so nicht nur einfacher und schneller rechnen, sondern dadurch auch die Grundlagen der Zins- und Zinseszinsrechnung besser verstehen.

Einfache Zinsrechnung

Zuerst sehen wir uns die einfache Zinsrechnung an, die wir oben bereits implizit angewendet haben und wie sie üblicherweise an Berufsschulen und ähnlichen Institutionen vermittelt wird. Dazu führen wir die gebräuchlichen Formelzeichen ein: \(K\) (Kapital), \(p\)
(Zins) und \(Z\) (Zinsen).

Weil der Zinssatz in der Regel für die Dauer eines Jahres angegeben wird (p.a. = per anno), können die Zinsen auf ein Anfangskapital \(K\) für ein Jahr wie folgt berechnet werden.

$$
Z = K \cdot \frac{p}{100}
$$

Das Kapital \(K_{neu}\) am Ende der Zinsperiode beträgt dann

$$
K_{neu} = K + Z
$$

Beispiel: Zu Beginn eines Jahres werden 120 € zu einem Zinssatz von 2,5% angelegt.

$$
K_{neu} = 120 + 120 \cdot \frac{2,5}{100} = 120 + 120 \cdot 0,025 = 120 + 3 = 123
$$

Nach einem Jahr hat das angelegte Kapital 3 € Zinsen erwirtschaftet, so dass das ehedem angelegt Anfangskapital auf ein Endkapital von 123 € angewachsen ist.

Grundlagen der Zins- und Zinseszinsrechnung

Herleitung der allgemeinen Zinseszinsformel

Die obige Berechnung unterstellt, dass die Zinsen nur einmalig am Ende einer Zinsperiode berechnet werden. Üblicherweise hat man jedoch mehrere Zinsperioden, weil das Geld über mehrere Jahre/Perioden angelegt wird. So werden Darlehenszinsen beispielsweise monatlich ermittelt. Eine Zinsperiode ist umfasst dann nur einen Monat.

Betrachten wir die notwendige Berechnung vorerst schrittweise. Die jeweils betrachtete Periode kennzeichnen wir durch einen Index. Wir starten zum Zeitpunkt 0. D.h., nach einer Periode ergibt sich für ein investiertes Anfangskapital \(K_0\) ein Endkapitalbetrag \(K_1\) in Höhe von

$$
K_1 = K_0 + K_0 \cdot \frac{p}{100}
$$

Durch Ausklammern von \(K_0\) wird der Ausdruck einfacher. Dazu setzen wir noch

$$
i = \frac{p}{100}
$$

\(i\) ist dann der Zinssatz. Dann lautet die Formel:

$$
K_1 = K_0 + K_0 \cdot i = K_0 \cdot \left(1 + i\right)
$$

\(K_1\) ist der Ausgangswert für die Berechnung der Zinsen sowie der Kapitalentwicklung in Periode 2.

$$
K_2 = K_1 + K_1 \cdot i
$$

Die Berechnung für folgende Perioden erfolgt dann analog.

Betrachten wir im Moment nur die ersten beiden Perioden. Um die Perioden nicht einzeln nacheinander berechnen zu müssen, liegt es nahe, die Formel der ersten Periode in die der zweiten einzusetzen. Wir erhalten dann:

$$
K_2 = K_0 \cdot \left(1 + i\right) + K_0 \cdot \left(1 + i\right) \cdot i = K_0 \cdot \left(1+i\right) \cdot \left(1+i\right) = K_0 \cdot \left(1+i\right)^2
$$

Dieses Spiel lässt sich nun fortsetzen, für eine dritte, vierte Periode usw. Die dritte Periode berechnet sich dann beispielsweise als

$$
K_3 = K_0 \cdot \left(1+i\right)^2 + K_0 \cdot \left(1+i\right)^2 \cdot i = K_0 \cdot \left(1+i\right)^2 \cdot \left(1+i\right) = K_0 \cdot \left(1+i\right)^3
$$

Augenscheinlich liegt eine Gesetzmäßigkeit vor. Sei \(n\) die Anzahl der Perioden einer Kapitalanlage, dann kann eine Variable \(t\) alle ganzzahligen Werte von 1 bis \(n\) annehmen:

$$
t = 1 \dots n \text{ }\{t \in \mathbb{N} \}
$$

Daraus ergibt sich die allgemeine Zinseszinsformel:

$$
K_t = K_0 \cdot \left(1+i\right)^t \text{ mit } i = \frac{p}{100}
$$

Mit dieser Formel können wir das Eingangsproblem in einem Schritt lösen, ohne eine Tabelle erstellen und Schritt für Schritt rechnen zu müssen.

$$
K_{20} = 3.000 \cdot \left(1+0,07\right)^{20} = 3.000 \cdot 3,8697 = 11.609,05
$$

Das ist augenscheinlich deutlich schneller und bequemer. Die Formel ist der Kern für alle weiteren Dinge der Zins- und Zinseszinsrechnung.

Umstellung der Zinseszinsformel nach dem Anfangskapital

Seien nun der Endkapitalbetrag einer Verzinsung, sowie auch der Zinssatz und die Dauer der Anlage bekannt. Dann wollen/können wir das Anfangskapital \(K_0\) einfach durch Umstellung und Einsetzen in die Zinseszinsformel ermitteln.

$$
K_0 = \frac{K_t}{\left(1+i\right)^t}
$$

Umstellung der Zinseszinsformel nach dem Zinssatz

Ebenso können wir die Zinseszinsformel nach dem Zinssatz umstellen.

$$
K_t = K_0 \cdot \left(1+i\right))^t
$$

Wir teilen durch \(K_0\) und erhalten:

$$
\left(1+i\right)^t = \frac{K_t}{K_0}
$$

Jetzt gilt es noch die \(t\)-te Wurzel zu ziehen und nach \(i\) umzustellen.

$$
i = \sqrt[t]{\frac{K_t}{K_0}}-1
$$

Beim Lösen dieser Gleichung mit konkreten Daten muss man bedenken, dass eine solche Gleichung \(t\) Lösungen hat, die zum Teil ökonomisch unsinnig sind und daher ausgeschlossen werden müssen. Als Beispiel hierfür sei folgender Fall betrachtet: \(K_0 = 100\), \(K_t = 400\) und \(t = 2\).

Die zu lösende Gleichung lautet dann

$$
i = \sqrt[2]{\frac{400}{100}}-1
$$

Die (mathematischen) Lösungen sind: \(i_1 = 1\) und \(i_2 = -3\), also \(100\)% und \(-300\)%.

Wir erkennen auf den ersten Blick, dass bei einem Wachstum des Kapitals von 100 auf 400 in zwei Jahren nur der positive Zinssatz richtig sein kann, nicht der negative – davon abgesehen, dass Kapitalanlagen höchstens \(100\)% ihres Wertes verlieren können, wenn nicht gerade eine Nachschusspflicht besteht.

Wenn also \(K_t > K_0\), dann muss der Zinssatz \(i\), die Wachstumsrate des Kapitals, positiv sein, im umgekehrten Falle negativ.

Umstellung der Zinseszinsformel nach der Laufzeit

Die bisherigen Umstellungen unserer Formel waren einfach. Die Auflösung der Zinseszinsformel nach der Laufzeit ist nicht mehr trivial. Man benötigt dazu Kenntnisse der Potenzrechnung sowie der Logarithmen. Deshalb präsentiere ich hier nur das Ergebnis (auf Basis des natürlichen Logarithmus):

$$
t = \frac{\ln K_t – \ln K_0}{\ln (1+i)}
$$

Fazit

Die Grundlagen der Zins- und Zinseszinsrechnung sind nicht schwierig. Insbesondere können wir nach Herleitung der geeigneten Formeln sehr schnelle Berechnungen ausführen. Wer nur die einfache Zinsrechnung beherrscht, ist gezwungen, lange Zinsstaffeln aufzustellen, um zu korrekten Berechnungen zu gelangen.

Vorsicht ist geboten, wenn wir unterjährige Zinsperioden berechnen wollen. Zwar könnte die oben hergeleitete Zinseszinsformel dies exakt leisten, doch rechnen die Banken anders. Bei zum Beispiel monatlichen Verzinsungen, rechnen wir mit 12 Zinsperioden im Jahr, setzen jedoch nur \(\frac{1}{12}\) des Zinssatzes in unsere Formel ein! – Das hat interessant Auswirkungen.

Beispiel:

Es sind 200 € für ein halbes Jahr mir \(10\)% zu verzinsen. Gemäß der Zinseszinsformel sind das \(K_{0,5} = 200 \cdot \left(1+0,1\right)^{0,5} = 209,76\)€. Verzinsen wir diesen Betrag für ein weiteres halbes Jahr, erhalten wir 220 €. Eine Bank rechnet das erste halbe Jahr jedoch als eine Zinsperiode mit halbem Zinssatz. Also: \(K_{1} = 200 \cdot \left(1+0,05\right)^{1} = 210\)€. Wird dieser Betrag ein weiteres Mal mit \(5\)% verzinst, ist das Resultat nach einem Jahr gleich 220,50 €.

Merke: Für eine korrekte Zinsberechnung müssen auch die Regulärien bekannt sein, unter denen die Berechnung auszuführen ist.

Neben den Grundlagen der Zins- und Zinseszinsrechnung bietet die Finanzmathematik noch viele weitere spannende Themen und Bankregularien. Von ganz praktischem Interesse ist zum Beispiel die Annuitätenrechnung, die wir immer dann benötigen, wenn wir ein typisches Immobiliendarlehen berechnen wollen. Zur Finanzierung einer Immobilie werden in der Regel so genannte Annuitätendarlehen vereinbart. Sie zeichnen sich dadurch aus, dass die zu leistenden Geldbeträge für Zins und Tilgung immer gleicher Höhe geleistet werden. Der Anteil von Zins und Tilgung variiert mit jeder geleisteten Zahlung. Anfangs ist der Zinsanteil hoch, der Tilgungsanteil ist niedrig. Mit fortlaufenden Zahlungen verschiebt sich die Gewichtung. Der Tilgungsanteil steigt, der Zinsanteil wird weniger.

Die Zins- und Zineszinsrechnung bietet ein weites Betätigungsfeld. In diesem Beitrag haben wir die Grundlage all dessen erörtert.

Karsten Brodmann

 

Weitere Informationen:

Karsten Brodmann

Karsten Brodmann hat an der Universität Osnabrück BWL/Wirtschaftsinformatik studiert. Er hat viele Jahre in der IT gearbeitet und dort Web- und Datenbankanwendungen entwickelt. Seit Gründung der Punkt-Akademie veröffentlicht Karsten Brodmann auch Schulungsvideos zur Datenbankentwicklung, Unix und Programmierung bei Udemy. In seiner Freizeit fotografiert Karsten Brodmann gerne. Seit vielen Jahren fotografiert er analog und digital. Dabei behält er jeweils den gesamten Workflow in der eigenen Hand, von der Aufnahme über die Dunkelkammer oder auch den Scanner sowie die Bildbearbeitung und den Ausdruck am PC.

Weitere Beiträge

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert